Adventszeit mit Katze und 35 Jahre Mauerfall
Hier das Weihnachtsgrußwort von Bürgermeister Andreas Busch:
Unser Kater Tom liegt eingedreht auf dem Sofa, der Kamin ist an und bei uns in der Stube ist es einfach richtig heimelig. Es ist immer ein Schauspiel bis unser Tom die richtige Position hat, dabei dreht er sich viele Male. Nur um dann den ganzen Tag zu verpennen. Unser Sohn hat damals mit seinen Kumpels auf dem Bauernhof übernachtet und da hat er sich gleich in den kleinen Kater verliebt. Nun ist Tom schon 15 Jahre alt und so lange auch schon bei uns: Er hat unsere Kinder aufwachsen sehen, beobachtet, wie sie Freunde und Freundinnen mitbrachten und auch wie sie auszogen. Nun freut er sich sichtlich, wenn sie zu Besuch sind. Nur um dann weiter zu schlafen, wenn sie wieder weg sind. Ach ja, Katze müsste man sein.
Und wenn das Laub von den Bäumen verschwindet, wird es Zeit für ein kleines Grußwort. Und in diesem Jahr hat mich das 35-jährige Mauerfall-Jubiläum umgetrieben. So lange gibt es die Mauer schon nicht mehr. Eine Mauer von der ich als Jugendlicher dachte, sie würde nie fallen.
1989, vor 35 Jahren, war ich nun also 18 Jahre alt. Ich habe im August des Jahres meine Ausbildung bei der Gemeinde Büddenstedt begonnen und dann kam dieser 9. November 1989. Irgendwie war ich an dem Abend ziemlich kaputt und ich habe den Mauerfall tatsächlich wörtlich verpennt. Als ich morgens an diesem Freitag, am 10. November 1989, das Radio beim Zähneputzen anmachte, hörte ich also „DDR-Bürger flanieren auf dem Ku’damm.“
Nun bin ich auch in Büddenstedt, also direkt an der Grenze aufgewachsen, und erinnere mich, dort als Kind und als Jugendlicher nachts Geräusche wie Schüsse oder Explosionen gehört zu haben. Für mich war hinter Büddenstedt die Welt offenbar zu Ende. Ich konnte Häuser sehen, beispielsweise in Harbke, aber dass dort jemand lebt, war nicht wirklich real und nicht real für mich.
Daher konnte ich den Mauerfall gar nicht wirklich fassen, denn für meine Generation (hüben wie drüben) war es schlicht gar nicht vorstellbar, dass das einmal passiert und wir die Chance haben, in einem gemeinsamen Staat zu leben.
Im Büddenstedter Rathaus herrschte große Unruhe in diesen Tagen, an diesem verrückten Wochenende, denn wir hatten selbstverständlich das Rathaus geöffnet. Es kamen die ersten Menschen aus der DDR vorbei und erhielten das Begrüßungsgeld in Höhe von 100 DM. Sie kamen nach Büddenstedt, weil in Helmstedt und Schöningen aufgrund der Menschenmassen „Land unter“ war und es sich schnell herumsprach, dass da noch eine kleine Gemeinde dazwischen liegt.
Der Aktenordner im Meldeamt, in dem die Vorgänge zum Begrüßungsgeld gesammelt worden, hieß übrigens bis zum Schluss „Begrüßungsgeld für Besucher aus der SBZ“. SBZ steht für „sowjetisch besetzte Zone“ und so nannten viele Menschen in der Bundesrepublik die DDR damals oder Ostzone. Ich hatte in dieser Zeit jedenfalls jede Menge tolle Begegnungen, durfte als frischer Azubi einfach mal so 30.000 DM von der Bank holen und an die Menschen, die aus der DDR zu uns kamen, verteilen.
Eine tolle Zeit, aufregend und absolut inspirierend. Zumindest für mich, wie gesagt, westdeutsch, 18 Jahre alt, die Welt stand offen. Heute als 53-jähriger ist mir bewusst, dass der „Westen“ den „Osten“ mit Vielem überfordert hat. So kann ich mich an eine Dokumentation im Fernsehen erinnern, in der eine Frau direkt nach der Wende eine Diskothek im Osten reinigte, zuvor aber in der DDR studiert hatte und keine Arbeit fand. Diese Brüche haben viele Menschen dort erlebt und teilweise bis heute nicht verkraftet und teilweise an Kinder und Kindeskinder weitergegeben. Arrogant fielen teilweise Westdeutsche als „Besserwessis“ in die ehemalige DDR ein. Und die Menschen im Osten wussten es damals nicht besser und dachten, da kommen wohl nur Heilsbringer. Heute wissen wir es besser.
Damals verließen viele Menschen „Neufünfland“, heute ist dieser Trend längst gebrochen. Viele kehren zurück oder haben sich in den neuen Ländern niedergelassen. Denn, auch das gehört zur Wahrheit, teilweise sieht es in diesen Bundesländern besser aus als im Westen. Diese 35 Jahre haben uns geeint und teilweise irgendwie auch entzweit. Es sind gemischte Gefühle, aber ist das im Leben nicht normal? Es ist nicht immer alles schwarz, nicht immer alles weiß. Denn dazwischen liegt ein ganzer Regenbogen an Farben. Gehen wir also in diese besinnliche Zeit mit diesen schönen Erinnerungen an den Anfang vom Ende der deutschen Teilung.
Ich empfinde es als Glück, in einem freien und geeinten Deutschland zu leben. Und so fange ich auf dem Sofa an zu sinnieren, streichele unseren Tom, er schnurrt. Denke nach, was er so denkt und versuche das Leben mit all seinen „Aufs“ und „Abs“ einfach zu genießen. Gehen wir also mit positiven Gedanken in diese Adventszeit und genießen wir diese ruhige und gemütliche Zeit. Nehmen wir uns die Zeit dafür, miteinander zu plauschen und schöne Lieder zu singen, gern auch mit einem Glühwein in der Hand. Jeder und jede so, wie er oder sie mag und mit dem eigenen Tempo und der eigenen Lautstärke.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen und Ihren Angehörigen einen wunderschönen 4. Advent, ein gemütliches Weihnachtsfest und für das kommende Jahr 2025 alles erdenklich Gute und eine Extraportion Gesundheit und Glück.
Alles Gute, bitte bleiben Sie positiv,
Ihr Bürgermeister Andreas Busch